Als junge Pflegekraft nicht ernstgenommen?

Verfasst von Elisabeth Felde|Veröffentlicht am 02.12.2020

Als junge Pflegekraft nicht ernstgenommen?

Wie man die Skepsis einiger Patienten und Bewohner beseitigen kann

Aller Anfang ist schwer, heißt es – das betrifft vor allem zunehmend junge Pflegekräfte. Ob Azubis, FSJler oder examiniert Pflegekräfte, die aufgrund Ihres Alters nicht ernstgenommen werden. Leider kommt es häufig vor, dass insbesondere ältere Patienten eher abgeschreckt von jungen oder wenig erfahrenen (angehenden) Pflegekräften sind. Sie haben wenig Vertrauen in ihr Können und bestehen darauf, von älteren, erfahrenen Fachkräften versorgt zu werden. Wie kann man als junge Pflegefachkraft dem Misstrauen der älteren Pflegebedürftigen entgegenwirken?

Pflege: ein Muss, aber kein Zwang

Die Frühschicht des jungen Pflegers startet. Er legt sich das Blutdruck- und Pulsmessgerät bereit, kontrolliert die Medikation der Patienten und geht anschließend von Patientenzimmer zu Patientenzimmer. Doch in Zimmer 5, 7 und 15 weiß er, dass die aktuellen Patienten überhaupt nicht begeistert sein werden von seiner Erscheinung. Die Grundpflege und das Einstellen von Infusionen überlassen sie nur erfahrenem Fachpersonal – und geben deutlich zu verstehen, dass sie sich nicht von “irgendeiner” Pflegekraft oder "irgendeinem" Pflegehelfer versorgen lassen werden. Einen Zwang zur Pflege des Bewohners oder des Patienten gibt es natürlich nicht, gleichzeitig soll aber auch niemandem die Pflege im Pflege- oder Altenheim oder im Krankenhaus verwehrt werden.

Diese Situationen kann sowohl für die Pflegekraft als auch für die zu pflegende Person sehr belastend werden. Insbesondere als noch junge Pflegekraft, die erst über wenige Jahre Berufserfahrung verfügt oder einen Job in einer neuen Einrichtung angefangen hat, braucht man Durchsetzungsvermögen und das sprichwörtliche dicke Fell.

Mit Durchhaltevermögen und einigen Tipps und Tricks kann es jedoch schnell gelingen, die Bewohner oder Patienten von sich und seiner Kompetenz zu überzeugen und dass alle Vorurteile vergessen werden.
 

Selbstbewusstes Auftreten und Small Talk

„Ist denn die Frau Soundso nicht da? Oder der Herr XY?“, „Heute bitte nicht!“, „Kann ich nicht einfach nur meine Ruhe haben?” –  Die Ausreden sind selten kreativ, machen allerdings bei häufigerem Auftreten die Ablehnung gegenüber der vermeintlich unerfahrenen Pflegekraft deutlich.

Bemerkt man dieses Verhalten, ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und trotzdem geduldig, empathisch und höflich mit der pflegebedürftigen Person umzugehen. Dafür ist ein selbstbewusstes Auftreten vorteilhaft:

  • Gerade Körperhaltung einnehmen (Brust nach vorne, Bauch rein, Blick nach vorn und nicht nach unten gerichtet)
  • Klare, deutliche und bestimmte Sprache, aber trotzdem ohne Freundlichkeit zu verlieren
  • Versuchen, auf die wichtigsten Patientenwünsche eingehen, auch wenn nicht alle realisierbar sind. In dem Fall Alternativen vorschlagen und sachlich erklären, warum der Wunsch nicht erfüllbar ist.
  • Durch Small Talk Gemeinsamkeiten entdecken und auf diesem Weg eine persönliche Beziehung herzustellen

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Keine Scheu vor Hilfe

Sind alle Bemühungen, die Situation alleine zu klären, vergeblich, hilft es, mit einem Kollegen oder auch mit der Pflegedienstleitung über das Thema zu sprechen und diese in das Problem mit einzubeziehen.

Ein Gespräch unter sechs Augen kann mitunter Wunder wirken und dem Patienten oder dem Bewohner noch einmal verdeutlichen, dass er aus verschiedenen Gründen einerseits keinen Anspruch auf eine von ihm ausgewählte Pflegekraft hat und andererseits, dass es keinen Grund gibt, an der Kompetenz und den Fähigkeiten des jungen Pflegers zu zweifeln. Schließlich hat auch er diesen Beruf erlernt, ein Examen erhalten und weiß, wie er zu arbeiten hat.

Sollten die Möglichkeit bestehen, gibt es natürlich auch den behutsamen Weg: Beispielsweise kann man in einer Einrichtung zu zweit zu einem Patienten gehen und sich die Aufgaben der Grundpflege aufteilen: Einer bezieht das Bett und der andere hilft beim Waschen am Waschbecken oder ähnliches. Die Examinierte Pflegekraft kann dabei gezielt versuchen, dem Patienten deutlich zu machen, dass sich auch der jüngere Pfleger sich seiner Tätigkeit bewusst ist und die gleichen Aufgaben wie eine erfahrene Kraft ausführen kann. Der sonst dem jungen Pfleger gegenüber skeptische Patient baut dabei im besten Fall Vertrauen zum jüngeren Pfleger auf, sodass dieser ihn in Zukunft selbst pflegen kann. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass es Fachkräfte gibt, die sich die Zeit nehmen, um mit der weniger erfahrenen Pflegekraft zusammen einen Patienten anzugehen. Wenn mehrere neue, junge Pfleger auf der gleichen Station anfangen, kann man sich auch hier zusammentun und gemeinsam zu einem Patienten gehen. Am wichtigsten ist letztendlich, dass sich der Patient wohl fühlt und keine Pflege verweigert und der junge Pfleger seiner Tätigkeit bzw. Pflege nachgehen kann.

Im Zweifel können zudem die Angehörigen des Patienten oder des Bewohners darüber informiert werden. Sie haben womöglich einen besseren Zugang zu ihrem Verwandten und finden den richtigen Ton, um die Situation zu entschärfen.

Alles eine Frage der Zeit: Dass nicht jeder Patient oder Bewohner freundlich ist und jede Pflegekraft ohne Weiteres an sich heran lässt, ist im Pflegealltag normal. Auch lang erfahrene Kräfte erleben Patienten, die einen nicht ernst nehmen oder sich nicht von ihnen helfen lassen wollen. Sowohl junge als auch erfahrene Pfleger müssen diese Vorfälle nicht persönlich nehmen und standhaft bleiben. Bei jungen Pflegekräften kommt natürlich das Alter und der geringe Erfahrungsgrad dazu. Mit der Zeit entwickelt man meistens eigene Strategien, um mit derartigen Situationen umgehen zu können. Oberste Priorität bleibt das Wohlbefinden des Patienten, sodass man mit einer grundsätzlich unvoreingenommenen, freundlichen Verhaltensweise nichts falsch machen kann.