Gemeinschaft gestalten trotz Corona

Verfasst von Elisabeth Felde|Veröffentlicht am 15.02.2021

Gemeinschaft gestalten – Soziale Kontakte trotz Corona

Ein Projekt der Universität Witten/Herdecke

Abstand halten. Nicht nur zu Fremden, sondern auch zu Freunden, Verwandten und Bekannten. Insbesondere in der Shut-Down Phase mussten alle so gut es geht auf soziale Kontakte verzichten. Noch stärker betroffen vom Kontaktverzicht und strengeren Hygiene- und Schutzmaßnahmen sind Risikopatienten. Dazu gehören insbesondere Menschen, deren Körper altersbedingt ohnehin geschwächt ist und durch eine Krankheit in Lebensgefahr geraten kann. Trotzdem sind soziale Kontakte für Heimbewohner, Pflegebedürftige und alte Menschen generell von hoher Bedeutung. Sie geben ihnen Halt, Hoffnung und Glücksmomente. Um trotz der sozialen Einschränkungen im Rahmen der Pandemie nicht in Einsamkeit zu versinken, wurde das Projekt „Gemeinschaft gestalten“ von Studierenden der Universität Witten/Herdecke ins Leben gerufen.


Ein Projekt mit hohen Zielen

Das Projekt „Gemeinschaft gestalten“ wurde von der Professorin Dr. Margareta Halek, Dozentin für Pflegewissenschaften an der Uni Witten/Herdecke in die Wege geleitet und wird von Studierenden der Uni unterstützt. Gefördert wird es vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW. In dem Projekt werden Möglichkeiten der sozialen Teilhabe in Pflegeeinrichtungen trotz Covid-19 aufgeführt. Es soll somit insbesondere in Altenpflegeheimen oder anderen Pflegeeinrichtungen Methoden erarbeitet werden, mit denen eine soziale Mitwirkung trotz Covid-19 ermöglicht wird.
 

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Mitwirkung und Solidarität relevant

Natürlich gibt es Standards und Richtlinien für Pflegeeinrichtungen, die eingehalten werden müssen, dennoch unterscheiden sich die täglichen Abläufe in Pflegeeinrichtungen in gewissen Punkten voneinander. Das Projekt geht davon aus, dass die Pflegekräfte des jeweiligen Wohnheims am besten wissen, wie sie mit ihren Patienten oder Bewohnerm umzugehen haben und welche Möglichkeiten es geben kann, weiterhin Kontakt zu Angehörigen zu halten. Beispielsweise spielen die Kapazitäten und Ressourcen eine große Rolle bei den Möglichkeiten: Wie gut ist die Internetverbindung? Kann jeder Bewohner aufs W-Lan zugreifen? Hat jeder Bewohner die Möglichkeit einen Videochat mit Angehörigen zu starten? Kennt sich das Pflegepersonal mit der Technik aus oder gibt es einen Technikbeauftragten? Je nach Beschaffenheit der Einrichtung können passende Maßnahmen zum Kontakterhalt entwickelt werden. 

Je nach Beschaffenheit der Einrichtung können passende Maßnahmen zum Kontakterhalt entwickelt werden. 

Trotz der individuellen Beschaffenheit jeder Einrichtung, ist ein Austausch zwischen den Pflegern der verschiedenen Heime wichtig. So können diese sich beispielsweise gegenseitig Tipps und Anregungen geben, Bewohnern trotz der Pandemie, Zugang zu Angehörigen und generell ein soziales Miteinander zu ermöglichen. Da es, nicht nur aufgrund der Corona-Pandemie, schwierig ist, alle Pfleger zu versammeln und in den Austausch zu kommen, wurde eine Online-Umfrage im Rahmen des Projekts für diesen Austausch erstellt. Dabei wurden insgesamt 10.472 Mails an Altenpflegeheime in ganz Deutschland geschickt. In diesen Umfragen haben Pflegekräfte der jeweiligen Einrichtung die Möglichkeit auszufüllen, welche Maßnahmen für den Erhalt des sozialen Lebens trotz der Covid-19-Pandemie dort eingeleitet wurden und wie gut sie funktioniert haben. Außerdem wurde abgefragt, welche Herausforderungen es für die Bewohner gab und wie ihr Allgemeinzustand zu der Zeit war.
 

Erstellung S1-Linie zur Auswertung

Die Umfragen wurden zusammengefasst und ausgewertet, indem eine sogenannte S1-Leitlinie erstellt worden ist. An der Ausarbeitung und Erstellung waren die Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP) e.V. mit verschiedenen Kooperationspartnern und die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF). Diese Leitlinie soll die Handlungssicherheit der Mitarbeiter in der Pflege stärken und jeder Einrichtung die Chance geben, ihre Erfahrungen mit Maßnahmen zur Stärkung der sozialen Teilhabe, zu teilen. Anhand dieser Leitlinie wird ersichtlich, welche Maßnahmen durchgeführt worden sind und wie erfolgreich sie ist.
 

Viele Möglichkeiten trotz Corona

Dier Liste der Maßnahmen ist lang. Eine kleine Auswahl:

  • Berührungen/ Körperkontakt mit Handschuhen und dennoch genug Abstand und Mund-Nasenschutz möglich
  • Erstellung von Besuchsplänen und Begrenzungen der Personenanzahl pro Besuch; Aufstellen eines Pavillons, um sich draußen treffen zu können; wenn Besuchsverbot, dann Zugang zum Videochatten ermöglichen
  • Bewegungsfähigkeit erhalten, da sie wichtig für die Interaktion und das Freiheits-/Selbstständigkeitsgefühl der Bewohner nicht zu verlieren. Diese kann durch Spaziergänge oder Gruppengymnastik mit ausreichend Abstand und begrenzter Personenanzahl erfolgen. Dadurch wird die Geselligkeit trotzdem aufrechterhalten. Trainer oder Anleiter der Sportgruppen kommen dann nicht von außerhalb sondern werden vom Stammpersonal organisiert.
  • Bewegungsprogramme mithilfe von Heimfernsehen durchführen, indem Bewegungsprogramme (mit möglichst wenig/keinem Zusatzequipment) darüber übertragen werden
  • Mahlzeiten so gut es geht gemeinsam zu sich nehmen, wenn möglich mehrere kleine Mahlzeitengruppen verteilt auf mehrere Räume oder eine Mahlzeit festlegen, die gemeinsam am Tag/in der Woche als „Highlight“ gemeinsam zu sich genommen wird. Sollte jeder seine Mahlzeit für dich auf seinem Zimmer zu sich nehmen müssen, kann man auch eine Art Mahlzeiten-Meeting per Videochat veranstalten
  • Eine intensive Zusammenarbeit mit Angehörigen ist in der besonderen Zeit wichtig. Regelmäßige Telefonate, Videochats oder sogar Kommunikation über Briefpost und kleine Präsente von Angehörigen an die Bewohner sind wohltuend für die Psyche der Pflegebedürftigen und geben ihnen ein Geborgenheitsgefühl
  • Durch das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes ist klares und deutliches Sprechen mit gleichzeitiger Unterstützung der passenden Gestik notwendig, damit es nicht zu vielen Missverständnissen kommt


Es werden noch zahlreiche Maßnahmen und Ideen zum Erhalt des sozialen Miteianders trotz Covid-19 aufgeführt. Anhand der genannten Punkte wird deutlich, dass es viele kreative Ideen gibt, die Wirkung zeigen. Kontaktbeschränkung heißt nämlich nicht, dass man nicht auf anderem Wege miteinander Kontakt halten und kommunizieren kann. Insbesondere durch die digital fortgeschrittene Gesellschaft sind bereits viele Möglichkeiten der sozialen Interaktion gegeben. Das Projekt „Gemeinschaft gestalten“ hat zudem bewirkt, dass mehrere Pflegekräfte verschiedenster Einrichtungen in den Austausch kommen konnten und so auch auf dieser Ebene das Solidaritätsgefühl gestärkt worden ist.