Mobbing in der Pflege

Verfasst von Elisabeth Felde|Veröffentlicht am 09.11.2020

Konflikte am Arbeitsplatz

Was tun, wenn das Arbeitsumfeld zur Belastung wird?

Die meisten Menschen haben im Laufe ihrer beruflichen Karriere bereits Erfahrungen mit Konflikten am Arbeitsplatz, wie z.B. mit schwierigen Arbeitskolleg:innen, Patient:innen, einem unfreundlichen Chef oder aber auch mit einem generell schlechten Arbeitsklima gemacht. Oft verlaufen diese Konflikte nur phasenweise: Zum Beispiel kommen neue Mitarbeiter:innen, mit denen man sich nicht so gut versteht, die aber auch nach kurzer Zeit wieder gehen. Was aber ist zu tun, wenn das Arbeitsumfeld über einen längeren Zeitraum zur Belastung wird, der Dienst mit einem bestimmten Kollegen schon Tage vorher Stress hervorruft oder Begegnungen mit dem Chef auf dem Flur im Pflegealltag vermieden werden?

Konflikte auf der Arbeit nicht persönlich nehmen

Im Rahmen meines FSJs im Akutkrankenhaus habe ich viele unangenehme Kollegen und Situationen erlebt: Von Lästereien bis hin zu Pöbeleien war alles mit dabei. Wie konnte ich diese Krisensituationen überstehen?

Anfangs habe ich jede Kleinigkeit persönlich genommen: Wenn ich etwas falsch gemacht habe, weil ich noch nicht so gut eingearbeitet oder in dem Moment gestresst war und dementsprechend eine negative Rückmeldung abbekommen habe, habe ich diese direkt persönlich und als Angriff wahrgenommen: „Alle anderen sind besser“, „Du bist nur eine Belastung“, oder „Du kannst es einfach nicht“, sind einige Gedanken die mir durch den Kopf geschossen sind.

Diese Gedanken haben mich nicht weitergebracht, doch leider kommen sie meist von ganz allein und sind nur schwer zu vermeiden. Allerdings lassen sich diese Gedanken kontrollieren: Eine Strategie ist es, diese negativen Aussagen umzuwandeln.

Aus „Alle anderen sind besser“ wird „Ich gebe mein Bestes und wenn ich dabei Fehler mache, dann ist das okay, denn nur so lerne ich daraus.“ Diese Gedanken-Umwandlung hat bei mir dazu geführt, dass ich nicht alles negativ aufgefasst und persönlich genommen habe, sondern eine gewisse Widerstandsfähigkeit aufbauen konnte.

Eine unterschätzte Fähigkeit

Keine Zeit an "kurzfristige" Kollegen verschwenden

Gerade in der Krankenpflege werden viele Zeitarbeitskräfte eingesetzt. Auch mit diesen Kollegen kann es natürlich zu Konflikten oder einem schlechten Miteinander kommen. So banal es auch klingt, hilft in dem Fall der Gedanke daran, dass diese Kollegen “nur” für eine begrenzte Zeit da sind am besten. Natürlich bemühe ich mich dennoch ein gutes Arbeits-Verhältnis zu ihnen aufzubauen, da dies enorm wichtig für das Arbeitsklima ist. Sollten jedoch schon schwerwiegende Probleme bestehen, gilt es, diese anzusprechen, durch Kommunikation zu klären und eine Lösung dafür zu finden. Können die Differenzen nicht in einem einfach Gespräch aus dem Weg geräumt werden, kann es sich lohnen, einen Mediator einzuschalten, der zwischen den beiden Seiten vermittelt bzw. moderiert.

Reden ist Silber und Schweigen ist Gold? 

Was soll ich tun, wenn es generell Probleme oder Konflikte mit meinen Kollegen auf der Arbeit gibt oder ich sogar das Gefühl habe, ein Opfer von Mobbing zu sein? Im Laufe meines FSJs habe ich den Eindruck gehabt, dass vor allem unter den Pflegern und Ärzten viel gelästert wird: Der Arzt ordnet dies nicht richtig oder direkt an, die Pflegekraft hat jenes nicht richtig gemacht – solche Aussagen begegnen einem in der Pflege ständig und so gut wie jeder steht in einer solchen Situation mal in der Schusslinie. Wenn sich aber mehrere Menschen gegen eine einzelne Person wenden und anfangen, ein konkretes Opfer zu suchen, dann handelt es sich nicht mehr um eine Kleinigkeit. Derartige Konflikte sollten immer angesprochen werden, auch wenn man zuerst Angst davor hat. Hilft ein erstes Gespräch mit den Beteiligten nicht, sollte die Pflegedienstleitung oder die Einrichtungsleitung informiert und hinzugezogen werden. Ebenso sollte das Gespräch nicht in einem ruhigen Moment gesucht werden, idealerweise außerhalb der Arbeitszeit, beispielsweise nach Dienstende.

Ein neuer Job in der Pflege

Letzter Ausweg Kündigung?

Sollte trotz der Versuche eines klärenden konstruktiven Gesprächs mit den Kollegen oder dem Vorgesetzten keine keine Einsicht oder Besserung der Situation oder des Streits in Sicht sein, besteht immer noch die Möglichkeit, zu kündigen und den Job zu wechseln. Insbesondere, wenn die schwierige und angespannte Situation bereits seit einigen Wochen besteht und trotz aller Bemühungen wie festgefahren wirkt, kann sie sich zunehmend auf die eigene mentale und körperliche Gesundheit auswirken. Erste Anzeichen an denen du erkennst, dass die Arbeit – oder auch nur der Gedanke an den nächsten Dienst – dich belastet:, sind

  • Appetitlosigkeit
  • Gliederschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit
  • Bauchschmerzen
  • unruhiger Schlaf / Schlaflosigkeit

Zwar sollte eine Kündigung nicht immer das erste Mittel der Wahl sein, dennoch steht ganz klar deine eigene Gesundheit immer im Vordergrund. 


Unangenehme Situationen auf der Arbeit sind nie einfach. Insbesondere im Pflegeberuf sollte man sich auf seine Kollegen verlassen können und nicht bereits vor dem Dienst in regelrechte Panik verfallen. Sollte ein scheinbar persönliches Problem mit dem Kollegen oder dem Vorgesetzten bestehen, ist es immer ratsam, zunächst das klärendes Gespräch zu führen, um etwaige Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und den Konflikt zu lösen. Andere Maßnahmen wie ein Gespräch mit der Krankenhaus- oder heimleitung oder dem Betriebsrat können folgen. Je nach Intensität der Probleme ist die Kündigung eine angebrachte Option.