Wenn das Azubi-Gehalt nicht reicht

Verfasst von Elisabeth Felde|Veröffentlicht am 04.11.2020

Wenn das Gehalt in der Ausbildung nicht reicht

Welche finanziellen Möglichkeiten gibt es noch?

Egal ob im Pflege- und Gesundheitswesen, im kaufmännischen oder handwerklichen Bereich: Eine Ausbildung ist für viele ein Anlass, aus dem Elternhaus aus- und in die erste eigene Wohnung einzuziehen. Hinzukommen eventuell Kosten für ein Auto und dessen Unterhalt, Ausgaben für öffentliche Verkehrsmittel, Lehrmaterialien oder Urlaub. Die Ausbildungsvergütung ist jedoch meist überschaubar und es kann schnell passieren, dass du schon vor Monatsende knapp bei Kasse bist. Welche Möglichkeiten gibt es also, während der Berufsausbildung finanzielle Unterstützung zu bekommen und das Azubigehalt aufzustocken? Und welche Rolle spielen Alter, Eltern, Geschwister oder der Wohnsitz? Wir verraten es dir.

Was ist BAföG?

BAföG steht für „Bundesausbildungsförderungsgesetz“. Es regelt die staatliche Unterstützung von jungen Menschen, die sich noch in einer Ausbildung, einem Studium oder anderen Bildungsmaßnahme befinden.

Wer hat Anspruch auf BAföG?

Grundsätzlich haben Studenten oder Dualstudenten, Auszubildende, Schüler, die jünger als 30 Jahre sind und nach der 10. Klasse weiterhin eine gemeinbildende Schule besuchen einen Anspruch auf BAföG.

Wie hoch ist der BAföG-Betrag? Wovon ist die Höhe abhängig?

Der BAföG-Anspruch richtet sich neben dem Einkommen der Eltern vor allem seiner Wohnsituation. Wohnst du beispielsweise noch bei deinen Eltern, beträgt der monatliche Höchstsatz 243 Euro. Wenn du bereits zuhause ausgezogen bist, liegt der monatliche Höchsatz, den du als Azubi erhalten kannst, bei 689 Euro. Solltest du bereits ein Kind haben, das noch nicht älter als 10 Jahre ist, erhältst du zusätzlich 150 Euro pro Monat. 

Ob noch in der Ausbildung oder schon im Beruf

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Muss man BAföG zurückzahlen?

Studierende müssen die Hälfte der in der Regelstudienzeit erhaltenen BAföG-Förderungssumme zurückzahlen (Staatsdarlehensanteil). Bei Schülern oder Auszubildenden sieht es anders aus. Sie müssen nichts zurückzahlen und stellen dementsprechend keinen herkömmlichen BAföG-Antrag sondern das sogenannte Schüler-BAföG.

Wie beantragt man BAföG?

Studenten füllen einen klassischen BAföG-Antrag aus. Diese müssen schriftlich beim zuständigen Amt für Ausbildungsförderung beantragt werden. Der kann sowohl postalisch als auch digital ausgefüllt und abgeschickt werden. Für Studierende ist das Studierendenwerk am Ort der Hochschule, an der sie immatrikuliert sind für den BAföG-Antrag zuständig. Schüler oder Azubis setzen sich mit dem für sie zuständigen Abendgymnasien, Kollegs, Höheren Fachschulen und Akademien, dem Amt für Ausbildungsförderung der Stadt- oder Kreisverwaltung, in dessen Bezirk sich die Ausbildungsstätte befindet, für die Beantragung in Verbindung.

Was ist der Unterschied zwischen Schüler-BAföG und dem klassischen BAföG?

Während für Studierende bis zu einem Alter von 30 Jahren das herkömmliche BAföG infrage kommt, können Schüler und Azubis das Schüler-BAföG beantragen. Während Studenten fünf Jahre nach dem Ende ihrer Regelstudienzeit 50% des Geldes zurückzahlen müssen, brauchen sich Schüler und Auszubildende, die Schüler-BAföG in Anspruch nehmen, nicht um eine Rückzahlung des BAföG zu kümmern. Jedoch ist die Höhe des BAföGs beim Schüler-BAföG von der Bildungsstätte abhängig, die besucht wird und meist geringer als die Höhe des studentischen BAföGs.

Eine Ausbildung in der Pflege als Investition in die Zukunft

Was ist die Berufsausbildungsbeihilfe? Welche Voraussetzungen muss man erfüllen?

Die Berufsausbildungsbeihilfe (kurz BAB) kann von Auszubildenden beantragt werden, die folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Der Azubi kann nicht mehr bei seinen Eltern wohnen, weil die Distanz zum Ausbildungsbetrieb zu groß ist (Hier zählt nicht dier Kilometerzahl, sondern die reine Fahrzeit, die für den Hin- und Rückweg nicht länger als zwei Stunden sein darf) ODER man hat ein Kind und/oder ist verheiratet 
  • Man ist älter als 18 Jahre
  • Wenn das Gehalt des Azubis sowie seiner Eltern unter einer gewissen Einkommensgrenze liegt und so die Lebenshaltungskosten finanziell nicht mehr gesichert werden können
  • Wenn man als Azubi aufgrund von Konflikten im Elternhaus nicht dort wohnen bleiben kann
  • Man muss sich in einer beruflichen Ausbildung befinden (bei einer schulischen Ausbildung hat man keinen Anspruch)

Die Höhe des BAB liegt bei maximal 723€ im Monat und wird individuell berechnet.

Wie lange habe ich Anspruch auf die BAB?

Das BAB kann man maximal für die gesamte Ausbildungszeit bekommen. Der Betrag wird jedoch jedes neu beginnende Jahr deiner Ausbildung neu berechnet, da es sich nach den finanziellen Mitteln, die man im Monat zur Verfügung hat, richtet. Das Ausbildungsgehalt erhöht sich in den meisten Fällen von Jahr zu Jahr.

Wann kann ich Wohngeld beantragen und welche Voraussetzungen muss ich dafür erfüllen?

Wohngeld kann grundsätzlich jeder beantragen. Auszubildende haben erst Anspruch auf Wohngeld, wenn sie bereits BAB beantragt haben und diese abgelehnt worden ist oder sie allgemein nicht die Voraussetzungen erfüllen, um BAB zu erhalten. Beispielsweise kann jemand, der in einer zweiten Ausbildung oder seinem zweiten Studium ist oder sich in einer schulischen Ausbildung befindet, direkt Wohngeld beantragen, da nicht die Kriterien für einen BAB-Anspruch erfüllet werden. Weitere Bedingungen für den Erhalt von Wohngeld ist die Volljährigkeit und der Nachweis, dass man außerhalb seines Elternhauses wohnt und Miete zahlt. Personen, die Sozialhilfen (z.B. Hartz IV, BAB, Sozialgeld nach SGB II …) in Anspruch nehmen, haben keinen Anspruch auf Wohngeld.

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Was ist der Unterschied zwischen Wohngeld und einem Wohngeldzuschuss?

Das Wohngeld kann nur beansprucht werden, wenn man keine andere finanzielle Unterstützung vom Staat bekommt. Der Wohngeldzuschuss kann z.B. zusätzlich zum BAB beantragt werden.

Wie lange habe ich Anspruch auf Kindergeld?

  • Grundsätzlich haben alle Personen, die sich in einer Ausbildung, Studium oder anderen Bildungsform befinden und nicht älter als 25 Jahre sind, Anspruch auf Kindergeld. Wenn man arbeitssuchend ist, keine Ausbildung oder kein Studium absolviert, besteht bis zum 21. Lebensjahr Anspruch auf Kindergeld.
  • Wird nach dem Schulabschluss erst wenige Monate später eine Ausbildung oder ein Studium begonnen, wird die zeitliche Lücke als Übergangszeit angesehen, in der man weiterhin das Kindergeld bekommt. Es muss allerdings ein Nachweis vorliegen, dass in nächster Zeit, eine Weiterbildung erfolgt. Anerkannte Schulformen sind dabei:
    • Allgemeinbildende Schule
    • Fachoberschule
    • Berufskolleg/Berufsfachschule
    • Berufsakademie
    • Hochschule/Universität
    • Fachhochschule
    • Betriebliche Ausbildung

Die Höhe des Kindergeldes liegt aktuell (2020) bei 204€ für das erste und zweite Kind. Für das dritte und vierte Kinderhält ein Elternteil 210€ beziehungsweise 235 €. Zum 01.01.2021 wird das Kindergeld zudem pauschal um 15€ erhöht.

Habe ich Nachteile, wenn ich schon eine oder-/mehrere Ausbildungen angefangen und nicht vollendet habe?

Wird die erste Ausbildung abgebrochen oder nicht erfolgreich beendet, so verschwindet der Anspruch auf Kindergeld, auch wenn eine zweite Ausbildung angefangen wird und man noch unter 25 Jahre ist. Auch stehen die Chancen bei Beginn einer zweiten Ausbildung schlecht, BAB zu erhalten. In diesen Fällen kann Wohngeld beantragt werden.

Bei weiteren Fragen, Problemen oder Anliegen lohnt sich ein Telefon- oder persönliches Beratungsgespräch beim ortsansässigen Jobcenter oder wenn es um den Anspruch auf Kindergeld geht, bei der zuständigen Familienkasse.

Werden mir Fahrtkosten zur Ausbildungsstelle finanziert?

Befindet sich die Ausbildungsstelle an einem festen Standort (die Adresse muss im Ausbildungsvertrag hinterlegt sein), werden keine Fahrtkosten erstattet. Sobald es sich um eine Ausbildung handelt, die keinen festen Standort hat oder ständige Standort-Wechsel, wird von vielen Arbeitgebern ein Teil oder die gesamten Fahrtkosen erstattet. Trotzdem lohnt es sich, sich bei der zuständigen Ausbildungsstelle über Vergünstigungen von Tickets für öffentliche Verkehrsmittel zu informieren. Viele bieten z.B. günstigere Monatstickets für den öffentlichen Nahverkehr.