Eine medizinische Fachperson hält eine kleine Weltkugel in der Hand

Verfasst von Sarah Derkaoui|Veröffentlicht am 16.02.2023

Klima & Pflege: So wichtig ist klimafreundliches Pflegen

Und: was bedeutet der Klimawandel für unsere Gesundheit?

Die Veränderungen im Klima erfordern auch in der Pflege dringend Handlungsbedarf. Und zwar gleich aus zwei Gründen: Erstens wirkt sich der Klimawandel direkt auf unsere Gesundheit aus (und erfordert ein Umdenken bei Pflegestrategien). Zweitens gibt es in vielen Pflegeheimen und Kliniken noch einiges zu tun, was CO2-Emissionen und Klimaschutz betrifft. Was das für die Arbeit in der Pflege konkret bedeutet, haben wir für dich zusammengefasst.

Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf die Gesundheit?

Bereits im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Ägypten im November 2022 zeigte der Bericht “Health Countdown on Health and Climate Change" der wissenschaftlichen Publikation The Lancet in aller Deutlichkeit: Der Klimawandel und die Erderwärmung bedrohen unsere Gesundheit gleich auf mehreren Ebenen.

  • Zunehmende Hitzeperioden sind besonders für ältere, chronisch kranke und pflegebedürftige Menschen gefährlich. 
  • Bei Hitze steigt das Risiko für Kreislaufstörungen, Herzinfarkte, Lungenprobleme und Schlaganfälle.
  • Die hitzebedingten Todesfälle bei Menschen über 65 Jahren stieg zwischen den Vergleichszeiträumen 2000 bis 2004 und 2017 bis 2021 weltweit um 68 % an.
  • Für Deutschland ermittelten Wissenschaftler im Zeitraum von 1999 bis 2009 an Tagen mit einer Temperatur von mehr 30 Grad Celsius einen Anstieg der Sterbequote um fast 10 %.
  • Laut einer Untersuchung von Medizinern der Charité ist das Risiko für eine postoperative Wundinfektion an warmen Tagen (mit mehr als 20 Grad) um bis zu 13 % erhöht.

Sommerliche Hitzewellen und rasante Temperaturanstiege bei gleichzeitig hoher Luftfeuchtigkeit sind jedoch nicht nur für Patienten und Bewohner:innen anstrengend. Auch du als professionell Pflegende:r kennst das sicher: Drückende Hitze kann Konzentration und Leistungsfähigkeit beeinflussen. Welche Maßnahmen allen Beteiligten helfen können, liest du im Anschluss.

Klimawandel, Hitze und die Arbeit in der Pflege: Diese Maßnahmen helfen!

Sowohl in der ambulanten Altenpflege als auch auf Station kannst du einiges tun, um bei deinen Schützlingen gesundheitlichen Schäden durch Hitzeperioden vorzubeugen. 

Pflegerische Maßnahmen zum Schutz vor Hitze

  • Kläre Bewohner:innen zu den Gefahren des Klimawandels und den Auswirkungen hoher Temperaturen auf.
  • Verwende leichtes Bettzeug und passe die Kleidung der zu Pflegenden an die Temperatur an, wenn möglich. 
  • Achte bei deinen Patient:innen auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und biete evtl. frisches Obst an.
  • Beobachte Patient:innen an heißen Tagen verstärkt und passe ggf. die Dosierung von Medikamenten an (bestimmte Medikamente können die körpereigene Temperaturregelung beeinflussen).
  • Sorge durch mehrmals tägliches Stoßlüften und schattige Zimmer (z.B. durch Rollläden) für ein gutes Mikroklima.
  • Stelle feuchte, kühle Tücher zur Abkühlung zur Verfügung oder führe Arm- bzw. Fußbäder durch.
  • Führe vermehrt Vitalkontrollen durch und passe ggf. Pflegemaßnahmen bedarfs- und situationsgerecht (z. B. vermehrte Hautpflege etc.) an.

Medikamente wie Antidepressiva, Antipsychotika und anticholinerge Arzneimittel können bei Hitze zu gesundheitlichen Problemen führen, da sie die hemmend auf das Schwitzen wirken und so das körpereigene “System” der Kühlung durch Verdunstung bremsen. Des Weiteren kann es zu kognitiven Einschränkungen wie verminderter Wachsamkeit kommen, wenn die Dosierung nicht streng überwacht wird.

Das könnte dich auch interessieren:

Arbeiten in der Pflege bei großer Hitze: So wird es erträglicher!

Ob es draußen stürmt, schneit – oder eben unglaublich heiß ist: Als Pflegekraft hast du gegenüber deinen Patient:innen eine große Verantwortung. Doch nur, wenn du deine eigene Gesundheit an die erste Stelle setzt, kannst du optimal für andere da sein. Das können Kliniken, Krankenhäuser und Pflegeheime für ihre Mitarbeiter:innen tun:

  • Abläufe, Arbeitszeiten und Erholungspausen zeitlich anpassen und, wo möglich, in kühlere Phasen des Tages verlagern
  • Zusätzliche Trinkpausen ermöglichen und kostenlose Getränke bereitstellen
  • Klare Kriterien zur Strukturierung von Arbeitsabläufen während extremer Hitzewellen formulieren, um gute Arbeitsbedingungen für Pflegende zu sichern
  • Leichte, atmungsaktive Dienstkleidung, z.B. aus Baumwolle, zur Verfügung stellen
  • Individuelle Anpassungen durchführen und/oder Erholungsphasen gewähren, wo nötig (etwa in Bereichen, in denen Pflegekräfte besonders dichte Kleidung tragen, wie im Isolierzimmer oder Operationssaal)
  • Große Umkleide- und Duschräume einrichten, um Mitarbeiter:innen vor Hitzeerschöpfung und Gesundheitsschäden durch Hitzeperioden zu schützen
  • Gestaltung von Räumen und Außenbereichen an die hohen Temperaturen anpassen (z.B. durch Rollläden, Klimaanlagen, schattige Bereiche und Ventilatoren)

Klimaschutz: Was kann in der Pflege gegen den Klimawandel getan werden?

Wenn wir über den Zusammenhang zwischen Klima und Pflege sprechen, sollten wir nicht nur die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels in den Blick nehmen, sondern auch den Beitrag der Pflege zum Klimaschutz thematisieren (und warum es diesbezüglich noch großen Aufholbedarf gibt). Damit das anschaulich wird, beginnen wir mit ein paar Fakten:

  • Die Gesundheitsbranche trägt nicht unerheblich zum Ausstoß von Treibhausgasen bei – in Deutschland ist sie für 5,5 % der CO₂-Emissionen verantwortlich. Und ist damit trauriger Spitzenreiter in Europa.
  • Die Bewohner:innen von Pflegeheimen machen etwa 1 % der deutschen Bevölkerung aus.
  • Jeder Pflegeplatz in Deutschland verursacht mehr als 7 Tonnen (!) CO₂-Emissionen pro Jahr. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher PKW mit einer jährlichen Fahrleistung von 10.000 Kilometern verursacht 1,75 Tonnen CO₂.
  • Durch gezielte Klimaschutzmaßnahmen könnten pro Pflegeplatz jährlich 1,1 Tonnen der Emissionen eingespart werden. 
  • Bezogen auf alle Pflegeplätze heißt das: Wenn wir Klimaschutz in der Pflege richtig umsetzen, könnten wir jedes Jahr mehr als 900.000 Tonnen CO₂-Emissionen vermeiden.

Mit welchen Maßnahmen wird Pflege klimafreundlicher?

Wie können wir diese Einsparungen umsetzen? Fakt ist: Um die Erderwärmung zu bremsen, sind Veränderungen in allen Lebensbereichen nötig. Dazu gehört eben auch die Pflege. Und es tut sich bereits etwas. Bereits seit März dieses Jahres läuft das bundesweite Projekt „klimafreundlich pflegen – überall!“, das von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) durchgeführt und vom Bundesumweltministerium mit 1,65 Millionen Euro gefördert wird. 

Das Ziel: CO₂-Emissionen in der stationären Pflege reduzieren sowie die Gesundheit von Patient:innen und Pflegenden schützen.

Dafür analysieren die beteiligten AWO-Einrichtungen im ersten Schritt ihren CO₂-Fußabdruck und legen anschließend passende Maßnahmen für den Klimaschutz fest – z.B. die Umstellung auf klimafreundliche Energien und eine klimafreundliche Ernährung. 

Langfristig müssen außerdem weitere Lösungen für den hohen Ressourcenverbrauch und den durch Einmalmaterialien entstehenden Müll in der Gesundheitsbranche gefunden werden. Wie verschiedene Pflegeeinrichtungen Klimaschutz bereits jetzt umsetzen, kannst du dir übrigens unter https://klimafreundlich-pflegen.de/in-der-praxis/ ansehen. Die Koordinator:innen des AWO-Projekts hoffen, dass die gewonnenen Erkenntnisse zu einer klimafreundlicheren Pflege in ganz Deutschland beitragen.

Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung?

Pflege, Klimawandel und Gesundheit: So kannst du dich weiterbilden

Du bist professionell Pflegende:r und möchtest dich angesichts des Klimawandels gerne intensiv mit dem Thema Hitze und Gesundheit sowie den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels beschäftigen? Dann haben wir gute Nachrichten: Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bietet noch bis Ende November 2023 in Zusammenarbeit mit dem LMU-Klinikum einen E-Learning-Kurs zur Klimaanpassung in der Pflege an. 

In dem online-basierten Kurs (den du übrigens zeitlich flexibel absolvieren kannst) lernst du, wie du die Lebensqualität älterer, pflegebedürftiger und chronisch kranker Menschen während Hitzewellen am besten unterstützt. Du erfährst auch, wie der menschliche Körper auf Hitze reagiert und woran du hitzebedingte Gesundheitsprobleme erkennen kannst. Außerdem erweiterst du dein Wissen zu Risikofaktoren sowie geeigneten organisatorischen, technischen und pflegerischen Maßnahmen bei großer Hitze.

Fazit: Die Pflege kann einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten

In diesem Artikel haben wir dir gezeigt, warum gute Pflege und Klimaschutz zusammengehören – beides basiert letztlich auf Empathie sowie dem Schutz von Wohlbefinden und Gesundheit unserer Mitmenschen. Die fortschreitende Erderwärmung können wir nur begrenzen, wenn wir es gemeinsam schaffen, die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2030 um etwa die Hälfte zu reduzieren und bis zum Jahr 2050 auf null herunterzufahren. Dabei spielt auch die Pflege eine wichtige Rolle. Erstens über durchdachte Klimaschutzmaßnahmen und zweitens über die situationsgerechte Pflege besonders gefährdeter Personengruppen während Hitzeperioden.