Im deutschen Gesundheitssystem arbeiten 5,6 Millionen Menschen jeden Tag dafür, die Gesundheitsversorgung unseres Landes – und damit für jede:n Einzelne:n von uns – zu gewährleisten. Und es wird ihnen nicht leicht gemacht, denn die Arbeitsbedingungen sind alles andere als einfach. Doch die gesamte Verantwortung an die Politik abzugeben und in eine kollektive Problemtrance zu fallen, ist zu kurz gegriffen. Es gibt Handlungsmöglichkeiten. Für alle Beteiligten im System: für jede:n Mitarbeiter:in und für jede Klinik.
Ein Coaching ist nichts anderes als ein strukturiertes Gespräch, das einem vorgegebenen Prozess folgt und in einem vertraulichen Rahmen zwischen Coachee (also der Person, die das Coaching in Anspruch nimmt) und Coach stattfindet. Inhalt dieser Unterhaltung sind das berufliche Handeln sowie damit verbundene aktuelle Anliegen oder Herausforderungen des Coachees.
In diesem Gespräch gibt der Coach Anregungen und Denkanstöße, sodass der Coachee über sein berufliches Tun nachdenken, seine Stärken und Kompetenzen (er)kennen, sich persönlich weiterentwickeln und an eigenen Lösungen arbeiten kann. Im systemisch-lösungsorientierten Coaching geht es nicht um Schuld, Fehler oder den Ursprung des Problems. Anstatt den Schuldigen zu suchen und sich mit Beschwerden aufzuhalten, wird der Blick nach vorne gerichtet. Es geht also vielmehr darum, im geschützten Rahmen alternative Möglichkeiten und neue Wege zu erkunden, die der Coachee selbst im realen Berufsalltag nutzen und umsetzen kann.
Ganz wichtig: Coaching ist keine Therapie, in der psychische Krankheitsbilder bearbeitet werden. Der Coachee ist psychisch gesund, kompetent und eigenständig handlungsfähig. Coaching ist auch keine Beratung, in der Verbesserungs- oder gar Lösungsvorschläge gemacht werden.
Arbeiten muss deshalb in erster Linie der Coachee. Der Coach leistet Hilfe zur Selbsthilfe und versucht sich schnellstmöglich überflüssig zu machen. Er unterstützt den Coachee dabei, Entscheidungen und Handlungen im Voraus zu erproben oder im Nachhinein zu reflektieren. Tatsächlich entscheiden und handeln muss der Coachee in seinem Arbeitsumfeld dann aber selbst. Deswegen ist Coaching auch immer ein freiwilliger Prozess und erfordert vom Coachee die Bereitschaft, sich aktiv und selbstverantwortlich einzubringen.
Im hektischen Berufsalltag von Pflegekräften gibt es kaum Zeit sich in Ruhe zu unterhalten. Um Sorgen und Nöte, Ideen und Vorschläge zu teilen. Natürlich steht das Wohl der Patient:innen immer an erster Stelle. Das Wohl der Pflegekräfte, ohne die der Klinikbetrieb schlicht nicht zu bewerkstelligen ist, darf deswegen aber nicht in den Hintergrund rücken.
Es geht darum denjenigen Menschen, deren Beruf es ist anderen zu helfen, Raum für ihre Themen zu geben. In dem erzählt werden darf, was im beruflichen Alltag bewegt, herausfordert, stört. Was Freude bereitet, wo gute Ansätze sind, welche alternativen Möglichkeiten es gibt. Genau hier liegt enormes Potential verborgen, das mit Hilfe von Coaching ergründet und nutzbar gemacht werden kann. Davon profitiert nicht nur die Pflegekraft selbst, sondern auch die Kolleg:innen, die Klinikleitung, nicht zuletzt der Patient und damit unsere gesamte Gesellschaft.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Methode Coaching einen großen Mehrwert für im Gesundheitswesen tätige Berufsgruppen, insbesondere der Pflege, liefert. Es verbessert den Arbeitsalltag Einzelner und wirkt damit auf ein produktives Miteinander aller ein.
Mitarbeiter bekommen Raum für die Themen, die sie im Berufsalltag beschäftigen. Sie suchen Lösungen für ihre Herausforderungen, erweitern so ihr Handlungsrepertoire, entwickeln sich persönlich weiter und haben mehr Freude an der Arbeit.
Für Arbeitgeber ist Coaching ein wirkungsvolles Instrument der Personalentwicklung und Mitarbeiterbindung. Es ist Ausdruck gelebter Wertschätzung ihren Pflegekräften gegenüber und Impulsgeber zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen.