Verfasst von Laura Hörner|Veröffentlicht am 27.05.2020

Digitalisierung in der Pflege – Fluch oder Segen?

So könnte die Zukunft in der Pflege aussehen

Wie sieht die Digitalisierung in der Pflege zukünftig aus? Werden Pflegebedürftige nur noch von Robotern versorgt? Laufen sämtliche Abläufe automatisiert ab? Und werden Pflegekräfte langsam, aber sicher, durch Maschinen und Programme ersetzt? Du kannst beruhigt sein. Zu diesem Szenario, das einem Science Fiction Film gleicht, wird es wohl nie kommen. Die Digitalisierung in der Pflege zielt nicht darauf ab, Pflegepersonal zu ersetzen – vielmehr soll sie eine Erleichterung im Arbeitsalltag darstellen. Wir haben uns die Chancen und Herausforderung der Digitalisierung in der Pflege angesehen.

Chancen der Digitalisierung: Mehr Zeit, mehr Wissen, mehr Effektivität

In deiner Einrichtung stapeln sich noch die Aktenordner? Dann weißt du wahrscheinlich, wie frustrierend es ist, sich täglich mit der Dokumentation herumzuschlagen. Viele Einrichtungen in Deutschland arbeiten noch immer hauptsächlich mit Papier, auch wenn bereits papierlose Systeme und digitale Anwendungen wie die elektronische Krankenakte genutzt werden können. Dadurch geht eine Menge Zeit verloren, die mit der eigentlichen Pflege verbracht werden könnte.

Doch nicht nur im Bereich der Dokumentation verspricht die Digitalisierung und mit ihr die digitalen Technologien Entlastung für Pflegekräfte. Dies sind nur einige der Möglichkeiten, die uns in der Zukunft erwarten könnten:

1. Pflegeroboter

Ja, sie werden kommen – und sie sind bereits unter uns! Pflegeroboter müssen nicht lebensnahe Maschinen sein, sondern können auch ganz einfache Aufgaben und Anwendungen erfüllen. So sind zum Beispiel schon Hebehilfen im Einsatz, die Pfleger körperlich entlasten. Auch Tierroboter können demente Menschen psychisch unterstützen, die sich nicht mehr um ein echtes Haustier kümmern können. Die Möglichkeiten sind hier zahlreich und werden in der Zukunft eine größere Rolle spielen als heutzutage.

2. Pflegedokumentation

Die Digitalisierung in der Pflege wird die Pflegedokumentation vereinfachen und nicht nur dafür sorgen, dass Informationen schneller gesammelt werden, sondern dass auch schneller auf diese Informationen zugegriffen werden kann. Das kann im Ernstfall Leben retten und hilft im Alltag den Pflegern, die Gesundheit und Gewohnheiten von Patienten in Pflegeeinrichtungen besser überwachen und interpretieren zu können.

Eine große Erleichterung für die ambulante Pflege können auch digitale Tourenplaner sein, die die Route optimieren und so dem Pfleger mehr Zeit verschaffen.

3. Wissensmanagement

Verlässt ein Pfleger eine Einrichtung, zum Beispiel bei einem Jobwechsel oder wenn er in Rente geht, nimmt er immer auch Wissen mit, das er dort gesammelt hat. Mithilfe der Digitalisierung in der Pflege ist es einfacher, diesen Wissensabfluss zu vermeiden und es möglich zu machen, dass es stattdessen in der Einrichtung bleibt. Anhand eines digitalen Handbuchs lassen sich beispielsweise Erfahrungen in der Pflege festhalten und bleiben so erhalten. Der Wissenstransfer wird so deutlich erleichtert. Großes Potenzial haben auch digitale Weiterbildungsangebote. Dank Online-Kursen können sich Pflegekräfte standortunabhängig weiterbilden und sparen damit nicht nur Zeit, sondern unter Umständen auch Kosten. 

In diesen Krankenhäusern wird Zusammenhalt großgeschrieben

4. Smart Living

Digitalisierung ist nicht nur in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern relevant. Auch in der heimischen Pflege wird digitale Technologie eine wichtige Rolle einnehmen. Das beginnt bei kleinen Dingen wie der automatischen Regelung des Lichts, wodurch Stürze vermieden werden können oder durch Warnsysteme, die Alarm schlagen, wenn ein Patient sich in Gefahr befinden könnte.

Sensormatten erkennen zum Beispiel, wenn ein Mensch gefallen ist und kontaktieren automatisch den Notruf. All das kann helfen, dass Menschen im Alter besser und länger selbständig zu Hause leben können und so das Gesundheitssystem entlasten. 

5. Digitale Arztbesuche

Eine Neuerung, mit der auch in der Zukunft zu rechnen ist, sind digitale Arztbesuche. Videosprechstunden werden bereits vereinzelt angeboten, entsprechende Gesetze verhindern aber momentan noch, dass sie zur Norm werden. Auch in der Pflege könnte sich dieser Ansatz verbreiten. Die Kommunikation über Video könnte in bestimmten Fällen sinnvoll sein und den Pflegern viel Zeit sparen.

Die Suche nach einer neuen Herausforderung kann beginnen

Die Risiken der Digitalisierung: Datenschutz und Einsamkeit

Wer glaubt, dass die Digitalisierung in der Pflege noch nicht in unserem Gesundheitswesen angekommen ist, der täuscht sich. Denn viele technologischen Hilfen nehmen wir gar nicht mehr als solche wahr, weil sie bereits Teil des Alltags geworden sind. Welch eine Erleichterung ein Treppenlift oder ein elektronischer Rollstuhl sein kann, weiß man erst, wenn man einmal darauf verzichten muss, und auch Ausrüstung wie elektronische Blutdruckmessgeräte sind aus dem Pflegealltag kaum noch wegzudenken. 

Gerade bei der Digitalisierung 4.0 kommen jedoch Faktoren ins Spiel, die zuvor noch keine Rolle spielten. Die Möglichkeiten sind nun viel breiter gefächert und stehen teilweise im Konflikt mit ethischen oder rechtlichen Grundsätzen. So ist Datenschutz ein großes Thema, wenn es um die Digitalisierung in der Pflege geht. Wer was wissen darf und wie sicher diese Informationen und Daten vor Fremden sind, ist für den Betroffenen nicht immer ersichtlich. Diese Personenrechte sind ein wichtiger Grund, weshalb beispielsweise die Einführung der elektronischen Patientenakte so lange dauerte. Auch heute noch gibt es Kritiker, die der Meinung sind, dass das bestehende System der elektronischen Patientenakte die Daten nicht gut genug vor anderen Interessengruppen wie zum Beispiel Krankenkassen schützt, die einen großen Vorteil aus diesen Informationen ziehen könnten. 

Ein weiteres Argument ist die Befürchtung, dass mit zunehmender Digitalisierung die zwischenmenschliche Kommunikation, der Kontakt und die Interaktion mit Menschen aus der Pflege verschwinden oder sich zumindest noch mehr verringern wird.

Pflegebedürftige könnten infolgedessen noch mehr unter Vereinsamung und Depressionen leiden. Dies ist ein Grund, warum das Gesetz weiterhin an der Stärkung von persönlichen Arztbesuchen festhält und digitale Videosprechstunden erschwert. Die Sorge ist unter gewissen Umständen berechtigt, denn technische Hilfsmittel können tatsächlich einige Aufgaben, die zuvor von Menschen durchgeführt wurden, ersetzen. Auf der anderen Seite argumentieren Befürworter jedoch in die entgegengesetzte Richtung und behaupten, dass gerade durch diese Entlastung mehr Zeit für das Zwischenmenschliche bleibt. Wie sich die Situation in dieser Hinsicht entwickelt, bleibt abzuwarten und hängt auch mit der Reaktion der Einrichtungen auf technische Neuerungen ab. Werden mit der Einführung von Hilfsmitteln Stellen gestrichen, wird sich sicherlich keine Besserung einstellen.
 

Die Digitalisierung in der Pflege schreitet genauso voran wie in allen anderen Bereichen – den einen geht es dabei zu schnell, den anderen nicht schnell genug. Fakt ist jedoch, dass es Veränderungen geben wird, von denen das Pflegepersonal und die Patienten profitieren können. Mit Rücksicht auf moralische und rechtliche Stolpersteine bietet die Digitalisierung in jedem Fall großes Potenzial und wird mehr und mehr Einzug in den Pflegealltag finden.

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Laura Hörner
Kulturwirtschaft Uni Passau

Als freie Autorin schreibt Laura Hörner bei TalentRocket über Themen rund um die juristische Karriere. Besonders interessiert sie sich dabei für die vielfältigen Karrierewege, die Jurist:innen offenstehen.