Verfasst von Sarah Derkaoui.
Wie gehst du am besten mit Ekelsituationen im Berufsalltag um?
Ekel in der Pflege: Die meisten Pflegenden kennen das Gefühl, doch die wenigsten sprechen darüber. Einer der möglichen Gründe: Die Ekel-Schmerzgrenze unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Während das Leeren von Sputum und der Geruch von Erbrochenem für die einen ganz oben auf der Ekel-Hitliste stehen, scheinen andere Pflegekräfte dabei keinerlei Ekelgefühle zu empfinden. Fakt ist aber: Auch, wenn es in der Pflege oft tabuisiert wird – gegen Ekel ist niemand immun. Wie du damit umgehst, liest du in diesem Artikel.
Als professionelle Pflegekraft hast du täglich mit Ausscheidungen, Körperflüssigkeiten und Wunden zu tun. Du siehst Menschen so, wie sie sich am liebsten niemandem zeigen würden. Und selbst, wenn sie gar nicht genau mitbekommen, was mit ihnen geschieht (wie im Falle von manchen geistig behinderten oder demenzkranken Pflegebedürftigen), ist es für dich oft nicht einfach, mit den eigenen Ekelgefühlen umzugehen.
Welche Strategien dabei helfen, stellen wir dir gleich vor. Doch bereits an dieser Stelle sagen wir ganz deutlich: Ekel zu empfinden, ist normal. Wer sich ekelt, ist weder unprofessionell noch überempfindlich. Ganz im Gegenteil. Ekelgefühle erfüllen sogar wichtige Funktionen.
Ekel wirkt wie ein Schutzmechanismus. Die Fähigkeit, Ekel zu empfinden, tragen wir in unseren Genen. Und sie ist überlebenswichtig. Ekelemotionen sind ein angeborenes Warnsignal gegen potentiell schädliche Substanzen.
Was ekelerregend aussieht oder verdorben riecht, von dem möchten wir uns möglichst weit entfernen. Das können wir sofort spüren. Unser Körper reagiert auf Ekelhaftes automatisch, z.B. mit dem Würgereflex.
Du erinnerst dich sicher noch an das erste Mal, als du im Pflegeberuf an deine Ekel-Hemmschwelle geraten bist. Vielleicht war es deine erste Begegnung mit Kot, das Leeren von Sputum oder du wurdest vom Erbrochenem eines Pflegebedürftigen getroffen. Ekel ist im Pflegealltag immer präsent und lässt sich auch nicht vollständig abtrainieren.
Wichtig ist vor allem: Ekelgefühle haben nichts mit deiner Kompetenz zu tun. Anstatt sie zu unterdrücken, dich schuldig zu fühlen und Scham zu empfinden, kannst du lernen, mit ihnen umzugehen und handlungsfähig zu bleiben. Dafür geben wir dir jetzt ein paar konstruktive Tipps.
Bonus-Tipp: Gönne dir eine kleine Auszeit. Nimm’ dir nach einem psychisch und physisch belastenden Pflegeeinsatz ein paar Minuten Zeit, um dich zu erholen. Vielleicht hast du die Möglichkeit, kurz an die frische Luft zu gehen, etwas zu trinken oder einfach kaltes Wasser über Arme und Gesicht laufen zu lassen.
Ekel in der Pflege ist unter vielen Kolleg:innen ein Tabu, ganz nach dem Motto: Worüber man nicht spricht, das gibt es auch nicht. Über die Gründe können wir hier nur spekulieren. Manche verdrängen das Thema vielleicht einfach.
Andere haben es womöglich geschafft, sich eine Art Ekel-Routine anzugewöhnen und empfinden vieles nicht mehr so schlimm, wie zu Beginn ihrer Pflegetätigkeit. Aus diesem Grund wird Ekel oft als ‘Berufsanfänger-Problem’ abgetan oder Pflegende, die sich ekeln, werden als überempfindlich und unprofessionell abgestempelt. Klar, dass sich das ändern muss.
Wie wir gesehen haben, ist Ekel menschlich, sinnvoll und überlebenswichtig. Wer Ekel verdrängt, tut sich und den Patient:innen nichts Gutes. Denn auch für Patienten oder Patientinnen ist es ‘peinlich’, im Intimbereich gewaschen zu werden oder mitzubekommen, dass andere Menschen ihren Kot entfernen müssen.
Es gibt Patienten und Patientinnen, die die Pflegekraft dann direkt fragen, ob es sie ekelt. Wie wäre es an dieser Stelle mit einem kleinen Tabubruch? Oder besser gesagt, der Wahrheit: “Ja, es ekelt mich. Aber mit der Zeit habe ich gelernt, damit umzugehen.” Wir hoffen, dass unsere Tipps dazu dich auf diesem Weg begleiten können.