Rettung bei Personalmangel oder Widerspiegelung von unzufriedenen Krankenpflegern?

Verfasst von Elisabeth Felde|Veröffentlicht am 07.10.2020

Zeitarbeit in der Pflege

Rettung bei Personalmangel oder Widerspiegelung von unzufriedenen Krankenpflegern?

Die einen wählen bewusst diesen Weg für sich, andere rollen mit den Augen, wenn die neue externe Pflegekraft ihren ersten Tag antritt: An Zeitarbeiter*innen scheiden sich auch in der Pflege die Geister, denn Das Modell bringt sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich. Hier erfährst du, was für und was gegen die Zeitarbeit in der Pflege spricht. 

Zeitarbeit ermöglicht neue Einblicke

Allgemein meint Zeitarbeit, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Unternehmen und Angestellten, also Zeitarbeiter:innen besteht. Konkret in der Pflege bedeutet das z.B., dass Pflegekraft XY vermittelt durch eine Zeitarbeitsfirma für einen festgelegten Zeitraum in ein Krankenhaus oder eine andere pflegerische Einrichtung geht, die gerade Bedarf hat. Dadurch können Einrichtungen beispielsweise wegen eines unvorhergesehenen Personalausfalls schnell eine Pflegekraft einstellen.
Es profitiert jedoch nicht nur die Einrichtung, sondern auch die Zeitarbeiter:in von ihrem Einsatz. Gerade für Berufseinsteiger bietet die Zeitarbeit Einblicke in verschiedene Standorte und Abteilungen.

So können Arbeitende die Einsatzstellen vergleichen und ggf. eine auswählen, um sich dort fest anstellen zu lassen oder weiterzubilden. Andersherum kann man bei schlechten Erfahrungen die Einrichtung wechseln, da man als Zeitarbeiter:in nicht an diese gebunden ist.

Zugangsbarriere wird reduziert

Bei Zeitarbeiter:innen handelt es sich nicht immer um ausgebildetes beziehungsweise examiniertes Fachpersonal. Dementsprechend ist auch keine hohe Qualifikation notwendig, um in der Pflege eingesetzt zu werden.
Beispielsweise können Pfleger:innen, die bisher wenig Glück mit einer Festanstellung hatten, auf diesem Weg leichter in einem Pflegeberuf Fuß fassen und eine Anstellung finden. Wenn sie dann bei ihrem Einsatz gute Arbeit leisten, haben sie gleichzeitig die Chance auf einen sicheren Arbeitsplatz und eine mögliche Übernahme durch ihren temporären Arbeitgeber.

Auch examinierte Kräfte können profitieren

Von den fest angestellten Pflegekräften wird häufig ein hohes Maß an Flexibilität erwartet: Erkrankt zum Beispiel ein:e Kolleg:in, wird nahezu selbstverständlich erwartet, dass sie für den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin einspringen und aushelfen. Als Folge sammeln sich nicht nur Überstunden an, sondern auch das Privatleben neben der Festanstellung kommt wieder einmal zu kurz. Von Erholung kaum zu träumen. Aus diesen und weiteren Gründen wechseln auch examinierte Pflegefachkräfte in die Zeitarbeit: Zeitarbeiter:innen haben feste Arbeitszeiten, bei denen es auch bleibt. Auch eine Mitsprache an der Planung des Dienstplans ist keine Seltenheit.

Zeitarbeit bringt einiges Durcheinander

Wandert vermehrt fest angestelltes Personal in ein Unternehmen der Zeitarbeit ab, so verlieren Pflegeeinrichtungen Fachpersonal. Das ist natürlich nicht das Ziel, aber eine nicht zu ignorierende Entwicklung. Im eigentlichen Sinne soll die Zeitarbeit in der Pflege den Einrichtungen ermöglichen, in Krisensituationen mit wenig Aufwand genügend Arbeitskräfte zur Verfügung zu haben, um die Versorgung der Patient:innen sicherstellen zu können. Dafür sollte es immer und unbedingt eine Grundanzahl an festangestellten Pfleger:innen geben. Ist das nicht der Fall, so müssten ständig Zeitarbeiter eingesetzt werden. Dieser muss sich außerdem ständig an neue Arbeitsabläufe und Routinen gewöhnen, da jede Einrichtung ihre eigenen Besonderheiten hat. Des Weiteren brauchen vor allem Pflegeeinrichtungen flexible Arbeitskräfte, da ein Not- oder Krankheitsfall nicht vorhersehbar ist. Zeitarbeitskräfte sind wie bereits erwähnt nicht dazu verpflichtet einzuspringen.

Hinzukommt, dass sie examinierte Kräfte sein können, aber nicht sein müssen. Dieser Aspekt kann zu einer eingeschränkten Pflegequalität führen und keine Gewährleistung einer qualitativ guten und sicheren Patientenversorgung sein.

Stress unter Kolleg:innen

Da Zeitarbeiter:innen viele Vorteile in ihrem Arbeitsalltag in der Pflege haben, kann es beim Arbeiten zu Konflikten zwischen ihnen und Festangestellten kommen. Diese können beispielsweise Neid den Zeitarbeiter:innen gegenüber entwickeln oder aber auch eine allgemein herablassende Haltung zu ihnen haben.

Wird dringend ein:e Arbeiter:in gebraucht, wobei sich die Pflegekraft von der Zeitarbeit nicht bereit erklärt, einzuspringen, kann es auch in dem Fall zu Auseinandersetzungen kommen. Diese Vorfälle verschlechtern das Arbeitsklima.

 

Aktuelle Stellenangebote für examinierte Pflegekräfte

Verbot der Zeitarbeit?

Da die Zeitarbeit in der Pflege nicht dazu beiträgt, den Fachkräftemangel in pflegerischen Einrichtungen zu beheben, sondern dazu führt, dass zunehmend fest angestelltes Personal auf die Zeitarbeit umsteigt, wird über ein Verbot debattiert. Zeitarbeiter:innen sind keine flexibel einsetzbaren Arbeitskräfte – doch Flexibilität ist im Pflegealltag und im Gesundheitssektor besonders wichtig. Ein Verbot von Zeitarbeit kann für eine Garantie flexibler Pfleger:innen sein. Das gibt der jeweiligen Einrichtung Sicherheit. Zudem entlastet ein Verbot die Arbeitgeber finanziell, da das Einstellen von Leiharbeitern mit einem Kosten- und Zeitaufwand verbunden ist. Ein Verbot ist allerdings nur sinnvoll, wenn die Zeitarbeiter in die Stammbelegschaft (zurück-) gehen. 
 

Um dieses Problem zu lösen, werden bereits Alternativen angeboten: MediRocket bietet beispielsweise ein Plattform, auf der Pflegekräfte und Arbeitgeber unkompliziert und ohne einen Vermittler zueinanderfinden können.  Dadurch entfällt der bürokratische und finanzielle Aufwand, den man sonst mit dem Einsatz von Zeitarbeitern gehabt hätte.

Zeitarbeit: Fluch und Segen zugleich

Sowohl für examinierte als auch nicht-examinierte Kräfte bietet die Zeitarbeit in der Pflege eine sichere Rücklage und ein allgemein entspanntes und strukturiertes Arbeitsverhältnis. Im Ursprung soll sie pflegerische Einrichtungen vor Personalmangel schützen.

Da aber immer mehr fest angestellte Pfleger unzufrieden und überlastet mit ihrer Arbeit sind, geht der Trend dahin, dass diese in die Zeitarbeit wechseln. Das wird den Pflegeeinrichtungen wiederum zum Nachteil, da sie letztlich den Zeitarbeitsfirmen mehr Geld überweisen als ihren angestellten Pflegekräften.

Am Ende steht die wichtige und sich stets wiederholende Forderung nach einer Berbesserung der aktuellen Arbeitsbedingungen in der Pflege. Nur wo sich Mitarbeiter wohlfühlen, wertgeschätzt werden und ein ihrer Arbeit angemessenes Gehalt bekommen, kann langfristig dem Fachkräftemangel Einhalt geboten werden.